Reben – Klimawandel – Beiaugen

Reben – Klimawandel – Beiaugen

Was alles so im Wein drin ist! Sie lesen Reben – Klimawandel – Beiaugen 3 Minuten Weiter Frühling im Weinberg

Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen – die Temperaturen steigen weltweit, und Deutschland hat in den letzten Jahren Hitzesommer erlebt, die vor 30 Jahren unvorstellbar waren. Eine der überraschendsten Folgen? Die Gefahr von Frostschäden in den Weinbergen nimmt zu. Klingt paradox, ist aber Realität. Durch die milderen und kürzeren Winter treiben die Reben früher aus, was sie anfälliger für Spätfröste macht.

Deutschland liegt zwischen dem 47. und 55. Breitengrad und ist nach wie vor von Kaltlufteinbrüchen aus der Polarregion betroffen, die bis Mitte Mai auftreten können – man denke an die Eisheiligen. Während Winzer schon immer mit der Bedrohung durch Spätfröste leben mussten, waren Minusgrade im April bis in die 1990er Jahre meist unproblematisch, da die Reben in der Regel noch nicht ausgetrieben hatten. Doch im Jahr 2024 zeigten sich bereits Ende März erste grüne Blätter an den Reben in frühen Lagen – ein Alarmzeichen für die Winzer. In einigen Weinbaugemeinden kam es zu erheblichen Schäden, weil die Nachttemperaturen im April unter null Grad fielen.

Es gibt verschiedene Arten von Frost: Strahlungsfrost und Windfrost. Strahlungsfrost tritt auf, wenn es windstill und klar ist. Kalte Luft sinkt dann auf den Boden, während wärmere Luft aufsteigt – ein Phänomen, das als Inversionswetterlage bekannt ist. In Senken oder an Dämmen kann sich diese kalte Luft stauen und gefährdet Rebstöcke, die bereits ausgetrieben haben. Windfrost hingegen bringt kalte Luft über das Land und kann überall Frostschäden verursachen – egal ob auf Hügeln oder am Hangfuß.

Trotz dieser Herausforderungen gibt es Hoffnung für Winzer: Die sogenannten „Beiaugen“ (oder Nebenaugen) können helfen. Diese Knospen bilden sich im Sommer und warten darauf, im nächsten Frühjahr auszutreiben. Wenn der Haupttrieb durch Frost geschädigt wird, können die Nebentriebe aktiv werden. Diese sind zwar weniger fruchtbar als die Haupttriebe, aber gesunde Reben haben ein gutes Regenerationspotential. So kann ein Verlust von 50 Prozent erfrorener Triebe durch eine höhere Anzahl an Beeren an den Nebentrieben teilweise ausgeglichen werden.

Die Auswirkungen des Frosts variieren je nach Rebsorte: Wer Burgundersorten oder Silvaner anbaut, hat auch bei Totalschaden gute Chancen auf eine kleinere Ernte. Bei Sorten wie Dornfelder oder Sauvignon Blanc sieht es jedoch düsterer aus; hier bleibt oft nur eine minimale Ernte übrig.

Was bleibt dem Winzer also nach einem Frostschaden? Die Arbeit bleibt gleich – auch wenn kaum Ertrag zu erwarten ist. Im Gegenteil: Es könnte sogar mehr Arbeit anfallen, da geschädigte Rebstöcke sorgfältig gepflegt und wieder aufgebaut werden müssen. Zunächst wartet man darauf, dass die Beiaugen austreiben und neue Triebe bilden – das kann zwei bis drei Wochen dauern. Abgefrorene Triebe werden entfernt, sobald sie eintrocknen.

Wenn nur Teile der ersten Triebe erfroren sind, wird es kompliziert: Die Trauben entwickeln sich dann unterschiedlich schnell, was eine mühsame Handlese zur Folge hat – Maschinenlese wäre hier problematisch. Fazit: Mehr Arbeit bei weniger Ertrag – trotz der Hoffnung auf Beiaugen!

Der passende Wein zum Blogbeitrag ist ein Satin Noir, eine robuste Zukunftsrebe.

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